Ein Orgasmus oder viele? …und was das ganze mit Fussball zu tun hat

Ein Orgasmus oder viele? …und was das ganze mit Fussball zu tun hat

12. Februar 2021 0 Von Katharina Weitkamp

Frauen erleben und beschreiben verschiedene Formen von Orgasmen: z. B. klitoral, vaginal, cervical, Brust- und Ganzkörperorgasmen.

Dennoch wird in wissenschaftlichen Kreisen bis heute debattiert, ob es verschiedene Formen weiblicher Orgasmen gibt (Jannini et al., 2012).

Ein Forscherteam, die Puppos, bestehend aus Vater und Tochter (interessante Kombination!) beharren darauf, dass alle verschiedenen Formen auf die klitoralen Struktuen zurückzuführen sind. Also, alles nur klitoral und es nennt sich dann auch „weiblicher Penis“, wenn es nach den Puppos geht (Puppo & Puppo, 2014). Leider fügen die beiden keine empirischen Ergebnisse an, sie haben es nicht erforscht, sondern nur von der gemeinsamen embrionalen Entwicklung von Jungs und Mädchen abgeleitet. Andere Forschungsergebnisse und die Berichte von Frauen werden schlichtweg ignoriert.

Andere Forschergruppen weise mit bildgebenden Verfahren nach, dass durch die Stimulation von Klitoris, Vagina und Cervix (Muttermund) verschiedene Areale im Gehirn aktiviert werden. Und selbst Frauen mit einer Querschnittslähmung, die also keinerlei Nervenverbindung von der Klitoris zum Gehirn mehr haben, können Orgasmen erleben. Das sind dann cervicale Orgasmen, die über den Vagusnerv laufen. Der Vagusnerv liegt außerhalb des Rückenmarks und bleibt demnach bei Rückenmarksverletzungen intakt, sodass die Stimulation der Cervix vom Gehirn lustvoll erlebt werden kann (Komisaruk et al., 2004).

Den Puppos muss man zugute halten, dass sie sagen, es soll kein weiterer Druck auf Frauen ausgeübt werden, was sie im Bett an Orgasmen erleben sollen. Ja, das ist wichtig. Aber dennoch kann man auch nicht die Erfahrungen von Millionen von Frauen da draussen ignorieren, für die es ganz klare Unterschiede im Erleben von verschiedenen Formen von Orgasmen gibt.

Die meisten Diskussionen drehen sich um die Unterscheidung zwischen klitoralem und vaginalem Orgasmus. Da die Arme der Klitoris die Vagina umschließen, wird argumentiert, dass Frauen nur klitorale Orgasmen erleben – auch wenn einige Frauen verschiedene Orgasmen mit unterschiedlichen Qualitäten erleben.

Warum diese Strenge und Haarspalterei, in Verbindung mit dem Thema des Orgasmus der Frau?

In anderen Bereichen sind wir doch auch nicht so spitzfindig. Nehmen wir den Fussball zum Beispiel. Bei einem (eindeutigen) Handspiel, werden wir doch auch nicht zurecht gewiesen und gebeten präziser zu sein, schließlich sei ja beim Handspiel nicht nur die Hand beteiligt gewesen, sondern die Beine waren auch beteiligt, denn sie hätten den Spieler ja erst in die Position auf den Ball zu bewegt!

Genauso beim Kopfballtor, nicht nur der Kopf der Spielerin ist beteiligt, streng genommen ist doch auch wieder der ganze Körper beteiligt und auch die Beine, die die Spielerin haben in die Luft springen lassen, um den Ball reinzuköpfen.

Also, merke. „Handspiel“ und „Kopfballtor“ ist zu unpräzise und die Begriffe können wir im Fussball bitte nicht mehr verwenden. Es ist alles eins, alles „Beinarbeit“. Genauso, wie alle Orgasmen „klitoral“ sind, okay?

Literatur:
Jannini, E. A., Rubio-Casillas, A., Whipple, B., Buisson, O., Komisaruk, B. R., & Brody, S. (2012). Female orgasm(s): One, two, several. Journal of Sexual Medicine, 9, 956–965. https://doi.org/10.1111/j.1743-6109.2012.02694.x
Komisaruk, B. R., Whipple, B., Crawford, A., Liu, W. C., Kalnin, A., & Mosier, K. (2004). Brain activation during vaginocervical self-stimulation and orgasm in women with complete spinal cord injury: fMRI evidence of mediation by the vagus nerves. Brain Research, 1024, 77–88. https://doi.org/10.1016/j.brainres.2004.07.029
Puppo, V., & Puppo, G. (2014). Anatomy of sex: Revision of the new anatomical terms used for the clitoris and the female orgasm by sexologists. Clinical Anatomy. https://doi.org/10.1002/ca.22471